Hallo und Assalamu Alaykum,
Mittlerweile bin ich seit fast 10 Jahren Muslimin, beschäftige mich mit dem Islam jedoch seit 20 Jahren und bin mit dem Glauben durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Mal habe ich mich der Gemeinschaft näher gefühlt, und mal von ihr weiter weg entfernt. Es gibt Zeiten, wie beispielsweise im Ramadan, in denen man sich die Nähe der Gemeinschaft wünscht. Der Grund dafür ist, dass man insbesondere in diesem Monat die Gesellschaft mit anderen (Gleichgesinnten) pflegen sollte. Oftmals muss man dazu leider sagen, ist der Fastenmonat Ramadan der Einsamste Monat unter den Muslimen, insbesondere unter denen, deren Familie nicht nahebei ist, oder denen, die zum Glauben erst im Erwachsenenalter gefunden und entweder keine muslimische Familie im Hintergrund oder auch keine Gemeinde, in der sie sich wie zuhause fühlen, haben.
In der heutigen Zeit ist es für die meisten Musliminnen und Muslime, die ihre Religion öffentlich leben und auch aktiv über sie lehren und aufklären, eine sehr schwere Zeit, in der sie bis zu ihren Grenzen geprüft werden. Man kann es nicht jedem recht machen, und man soll es natürlich auch nicht. Man sollte sich so geben, wie man ist, und den Glauben so leben, dass er Positives vermittelt und nach außen hin ein schönes Bild des Islams offenbart. Das wird in vielerlei Hinsicht gemacht, indem man versucht nach den Geboten zu gehen, nach gewissen religiösen Prinzipien zu leben, aber dabei weltoffen zu bleiben; indem man sich bildet und das angeeignete Wissen weiterreicht, denn nur geteiltes Wissen vermehrt sich – wie auch die Liebe.
Je mehr man in die Öffentlichkeit tritt, desto mehr ist man eine Zielscheibe für diejenigen, denen man ein Dorn im Auge ist oder auch sein könnte. Nach so vielen Jahren Erfahrung mit dem Islam und selbst Muslimin sein, habe ich von allen Seiten diese Erfahrungen gemacht und mache sie nach wie vor. Eigentlich war die eine Seite der Kritikerinnen und Kritiker für einige Jahre abgeschwächt bzw. schon fast nicht mehr vorhanden, jedoch durch die Entstehung des IS und seiner furchtbaren Mordzüge, haben sich selbst auf der Seite der Muslime Kritikerinnen und Kritiker, oder vielmehr Hater aufgetan, die sich einer unislamischen Willkür, Hetze, üble Nachrede und Rufmorde zu begehen, unterworfen haben, dass man sich fragen muss, was in den Köpfen dieser Gläubigen vor sich geht. Mit Islam, religiösem oder moralischem Verhalten hat das nichts zu tun.
Warum schreibe ich all das? Hier ein paar Fakten zur Klarstellung, da es anscheinend Leute gibt, Muslime wie Nichtmuslime, die sich gerne Dinge ausdenken anstatt mit Fakten zu arbeiten:
1. Zum Thema Homosexualität im Islam – ich urteile nicht über Menschen gemäß ihrer sexuellen Orientierung. Außerdem kenne ich einige schwule und lesbische Muslime, denen ihr Glaube sehr wichtig ist, den sie praktizieren und dem sie sich mit Liebe und Hingabe widmen sowie sich ständig neues Wissen aneignen.
2. Halal Fleisch – Nicht überall, wo halal drauf steht, ist halal drin. Halal Fleisch ist nur dann wirklich halal, wenn alles von der Pike an – also von der Geburt des Tieres, seines Aufziehens, seiner Haltung und Fütterung sowie das Beenden seines Lebens – islamkonform ist. Ein Bismillah vom Tonband in einer Massentierschlachterei macht für mich das Fleisch nicht halal. Wer Interesse an wirklich halal geschlachteten Fleisch in Bremen und Umgebung hat, kann sich gerne bei mir melden.
3. Frauen als Imaminnen gibt es nicht erst seit gestern, sondern Vorbeterinnen gab es auch schon zu Zeiten des Propheten Muhammad (Frieden und Segen seien auf ihm) – auch vor einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe (siehe die Überlieferung, in der der Prophet saw Umm Waraqa befahl das Gebet vorzubeten, während ein alter Mann die Iqama machte).
4. Beschneidung bei Jungen – Da die Beschneidung nicht im Koran vorkommt – nein, auch nicht verdeckt oder indirekt – und sie in den Überlieferungen nur bedingt nachzulesen ist, kann man bei der Jungenbeschneidung von einer Tradition, jedoch nicht von einer Pflicht sprechen. Ich bilde mir kein Urteil darüber, wie Leute diese Tradition handhaben. Mir ist es egal, ob jemand sein Kind beschneiden lässt oder nicht. Wer es macht, dem sei dies überlassen, genauso, wie derjenige, der keine Beschneidung vornimmt. Es gibt übrigens viele erwachsene männliche Konvertiten, die sich nicht beschneiden lassen, einfach, weil sie es nicht müssen. Zum Muslim-Sein gehört zu allererst das islamische Glaubensbekenntnis. Die Beschneidung gehört nicht zum Muslim-Sein dazu, sollte aber als Tradition verstanden werden.
5. Ich bin jeden Tag Muslimin, mit Herz, Seele, und Verstand sowie mit viel Spiritualität und dem Drang immer weiter zu lernen und mich zu bilden. Das heißt, ich bin nicht nur Muslimin am Freitag oder im Ramadan, sondern immer. Manche scheinen der Ansicht zu sein, nur weil ich das Kopftuch nur zum täglichen Gebet und täglich im Ramadan trage, ich sei nur in dieser Zeit Muslimin, ist falsch gelegen. Man sollte nicht nur vom Äußeren ausgehen, sondern von dem, was im Kopf und im Herzen vor sich geht. Und da bin ich immer Muslimin.
6. Was mein persönliches und familiäres Leben angeht, so hat es niemanden zu interessieren, denn jeder sollte erst einmal vor seiner eigenen Haustür kehren und es besser machen. Ich bin sehr glücklich mit meiner Familie und da werde ich zur Löwin, wenn man mich damit provoziert. Heutzutage verheiratet zu sein und Kinder zu haben, gleichzeitig etwas für die Gesellschaft und für den Glauben zu tun ist ein Akt der Balance, denn jeder möchte ein Stück vom Kuchen haben. Von meiner Familie werde ich als Muslimin akzeptiert, respektiert und umgekehrt ist es genauso. Wir lieben einander, und das ist das Wichtigste. Freiheit im Glauben und in seiner Umsetzung ist ein Geschenk, welches man mit viel Liebe und Achtsamkeit behandeln sollte. – Ich bin übrigens extrem glücklich mit meinem Mann verheiratet, von daher interessieren mich die Avancen anderer Männer überhaupt nicht. Ein guter und gepflegter Austausch von Freundlichkeiten und Wissen ist mir wichtig. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist weder dialogbereit noch für mich von Kommunikationsinteresse.
7. Wer meinen akademischen Abschlüssen nicht traut, der/ die kann sich gerne bei mir melden und diese von mir selbst oder den Instituten und Universitäten bestätigen lassen. Jahrelange harte Arbeit und viel Recherche wie Lernerei sind das Endprodukt dieser Abschlüsse, auf die ich sehr stolz bin. Natürlich kann man sich damit nicht alles kaufen und allwissend ist man erst recht nicht – nein, auch dann nicht, wenn man studiert, promoviert oder habilitiert hat. Man mag sich Wissen in bestimmten Bereichen offiziell erarbeitet haben, das bedeutet aber nicht, dass man allwissend ist. Allwissend ist nur der Eine. Außerdem lernt man ein Leben lang.
Natürlich gibt es viel mehr Themen, die ich ansprechen könnte, aber diese Punkte sind schon einmal wichtig mal angeschnitten zu haben, damit einem jeden bewusst ist, dass man mit Menschenleben und dem Ruf anderer nicht spielt und es irgendwann auf einen zurückfällt, wenn man dem nachgeht.
Die andere Seite, die ich obig noch nicht erwähnt habe, ist die der Leute, die dem Islam gegenüber ablehnend stehen, den Islam und die Muslime kritisieren, beleidigen, hassen, unter anderem auch Ex-MuslimInnen oder Muslime, die sich als so genannte Reformmuslime verstehen. In den vielen Dialogen, die ich führe, kommt der Austausch oft zum Erliegen, weil das Interesse eines Austauschs und Kennenlernens seitens der in diesem Absatz genannten Mitmenschen nicht gegeben ist. Das Interesse ist vielmehr sich gegenseitig hochzuschaukeln, sich in diesem Islam- und Muslimhass zu suhlen, anstatt sich darauf einzulassen einen vernünftigen Dialog zu führen. Stattdessen wird man – insbesondere als Frau (und noch viel schlimmer als Konvertitin) – belächelt, beleidigt, erniedrigt, lächerlich gemacht, und wenn man dann immer noch versucht einen Dialog zu führen und auf diese Menschen zuzugehen, die einem eigentlich nichts Besseres wollen als einen mundtot zu machen, dann bekommt man noch ein paar verbale Nackenschläge oben drauf.
Wir Musliminnen und Muslime sind an einem Punkt angekommen, wo wir nicht mehr die Wahl haben einfach aufzugeben und uns in unser Schneckenhaus zurückziehen können. Deshalb ist meine Ansage ziemlich eindeutig: Ich werde mich nicht verstecken, sondern in meinen Bemühungen weitermachen, damit unsere schöne Religion den Ruf wiedererlangt, der ihr gebührt. Das bedeutet viel Geduld und es wird ein harter und steiniger Weg sein, auf dem man stolpern und wieder aufstehen wird, auf dem man sich Wissen aneignen und teilen muss, auf dem man aufeinander zugeht und die Hand reicht, und das auf allen Seiten.
Wie immer und überall biete ich es an, dass man mich gerne bei allen Fragen, die man hat/ die einem auf dem Herzen sitzen oder auf der Seele brennen, kontaktieren kann. Ich versuche Fragen zu beantworten und das, was ich nicht weiß, recherchiere ich, oder ich leite die Fragen an mir vertrauensvolle Menschen weiter, die mehr Wissen als ich besitzen. Es ist wichtig, dass man für alles offen ist.
Man kann mich auf meiner Homepage http://www.caroline-neumueller.de, unter info@caroline-neumueller.de oder über Facebook kontaktieren.
Es ist keine leichte Zeit, doch wenn Blumen mit Regen, Sonne und Liebe wachsen und blühen können, dann können wir mit derselben Energie dasselbe für uns und füreinander tun. Setzt Euch auf Euren ganz eigenen Stuhl und bleibt Euch selbst treu. Gott wird es Euch danken. 🙂
Mit weltoffenen, lieben und islamischen Grüßen
Caroline