Rezension: „Was machen Muslime an Weihnachten?“

 

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Der Islam ist innerhalb weniger Jahrzehnte zu einem Reizthema geworden. Was auffallend ist, dass die meisten Diskussionen über „den Islam“ und „die Muslime“ in Deutschland weder auf tiefgründigem Wissen basieren noch es im Interesse vieler zu sein scheint ein Miteinander und Kennenlernen voneinander anzustreben. Jedoch genau das liegt im Kern Mazyeks Buches. Seine Zeilen erwecken im Leser neue Gedanken sich mit seinen Mitmenschen muslimischen Glaubens mehr zu befassen und sie näher kennenzulernen, da sie dem Leser erlauben herauszufinden, wie ähnlich man einander trotz unterschiedlicher Religionszugehörigkeit ist. Dieses Buch ist nicht akademisch, sondern eine persönliche Einladung, die informativ wie auch aufschlussreich ist.

Aiman Mazyek ist 1969 in Aachen als Sohn deutsch-syrischer Eltern zur Welt gekommen und hat Arabistik, Philosophie, Ökonomie und Politische Wissenschaft studiert. Zudem hat er zwischen 1993 und 1998 eine Reihe von Islamstudien bei anerkannten Theologen absolviert. Seit 2010 ist Mazyek Vorstandsvorsitzender des Zentralrats der Muslime.

Brücken bauen zur Verständigung

Auf den Titel „Was machen Muslime an Weihnachten?“ gibt Mazyek keine direkte Antwort, sondern lässt es offen. Als einzige Muslimin in meiner christlich geprägten Familie schmunzele ich über die Worte, denn auch als Muslime kann und wird Weihnachten gefeiert, in Anlehnung an den Propheten Jesus, der für die Muslime eine sehr bedeutende Rolle spielt.

Der Inhalt des Buches verspricht eine Vielfalt an Basisinformationen über den Islam und das Leben der Muslime in Deutschland. Da es den Anschein macht, die Mehrheitsgesellschaft redet über den Islam, jedoch kaum jemand fragt die Muslime selbst nach ihrer Religion, ist es umso wichtiger die Bereitschaft zu zeigen und über den Glauben aufzuklären. Einerseits dient das Buch der Aufklärung, andererseits auch der Versöhnung. Die Mühe Mazyeks lässt sich aus den Zeilen herauslesen, indem er regelmäßig Brücken schlägt, die die vielfältige Gesellschaft vereinen soll.

Unter dem Stichwort „Interreligiöser Dialog“ (S.270 ff.), schreibt Mazyek „Wir haben nur einen Gott“ und zeigt auf, dass Jesus eine wichtige Rolle im Leben der Muslime einnimmt, allein dadurch, dass seiner Mutter Maria (Maryam) eine ganze Sure im Koran gewidmet wird und dieser die Vorstellung der Jungfrauengeburt kennt. In geistiger wie religiöser Überlegung ist die Konsequenz von Gemeinsamkeit folgend: „Wenn die Christen an Weihnachten die Geburt von Jesus feiern, so ist das auch für die Muslime ein Freudentag wegen der hohen Wertschätzung die Isa – so das arabische Wort für Jesus – im Islam genießt.“.

Aufklärung schaffen und Vorurteile widerlegen

Der Inhalt des Buches ist umfangreich, denn Mazyek möchte aufklären und erläutern. Das ginge nur, indem man keine Standardantworten zu gängigen Fragen gäbe, sondern den Islam und seine Praxis in seiner Ausführlichkeit dem Leser zum Verständnis offenlegt. Es werden die Fundamente des Glaubens sowie kulturell übergreifend in andere Glaubensrichtungen angesprochen sowie bestimmte Irrtümer aufgeklärt. Bei Letzterem hätte ich mir eventuell ein wenig mehr gewünscht, jedoch ist der deutliche Ansatz einer Verständigungserklärung zu erkennen. Das Besondere an diesem Buch ist, dass abgesehen von der Vielfalt an Information, welches dieses beinhaltet, bestehende Vorurteile aufzudecken und zu widerlegen sowie dem Leser nahezubringen, was der Islam, seine Praxis und Rituale für die Muslime bedeuten und wie sich dieses im Alltag darstellt.

Nach einer persönlichen Erinnerung gibt Mazyek einen kurzen Überblick über die Geschichte des Islams, die Vielfalt der Interpretationen und der Praxis des Glaubens bevor er eine breite Darstellung der religiösen Fundamente – der fünf Säulen im Islam – und Aufklärung selektierter theologischer Begriffe aufzeigt. Dabei wird der Alltag der Muslime, die religiösen Feste und Traditionen beleuchtet und skizziert, welche Brücken schon gebaut wurden und welche noch in der Planung zur Umsetzung und Nutzung sind.

Fazit

Es gibt mehrere Zielgruppen, denen diese Lektüre zu empfehlen ist. Zum einen denen, die in der Öffentlichkeit stehen und eine Vorbildfunktion einnehmen, sei es im interreligiösen Bereich oder in der Flüchtlingspolitik. Zum anderen ist es denjenigen zu empfehlen, die eine gewisse Scheu oder gar Abneigung vor dem Islam bzw. den Muslimen haben und als letztere Zielgruppe würden Interessierte bei dieser Lektüre nicht zu kurz kommen, denn sie ist umfassend, aufklärend und spannend geschrieben. Mazyek wünscht sich ein Miteinander und bietet durch das Buch ein offenes Ohr an für alle, die sich informieren möchten.

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